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  • Schulsozialdienst

Wenn die ganze Familie zuhause bleibt -oder eben nicht!


Ein Beitrag von I.M. aus Kaisten

In unserer Familie machen wir das Beste aus der Situation. Mein Mann macht Home-Office, ich kann momentan kaum noch arbeiten und unsere drei Kinder (von denen zwei schon über 18 Jahre alt sind), machen Schule zu Hause. Wir haben Glück. Das Haus ist gross genug, der Garten auch. Wir geniessen bis jetzt das gemeinsame Kochen und Essen. Manchmal spielen wir etwas zusammen, sind draussen am Spazieren oder Joggen. Ansonsten darf jeder und jede tun, was er oder sie tun muss oder möchte – Zu Hause.


Was aber, wenn eines der Kinder – meine 18-jährige Tochter, sich nicht damit begnügen will, die Zeit nur mit der Familie zu verbringen? Sie möchte sich gerne mit Freunden treffen und vor allem mit ihrem Freund. Sie ist von Natur aus jemand, der sehr gerne und wann immer es geht, unterwegs ist. Bis jetzt war das natürlich ok. Aber in diesen Zeiten ist es wirklich nicht so einfach. Wir haben in der Familie viel diskutiert. Es schien mir ein Ding der Unmöglichkeit, einer volljährigen, jungen, intelligenten Frau zu verbieten, das Haus zu verlassen. Zumal es ja auch der Staat nicht tut. Sie versicherte uns immer wieder, dass sie und ihre Freunde sich an die Regeln halten und sich bemühen. Ich erklärte ihr all das, was mir durch den Kopf ging und welche Befürchtungen ich hatte. – Mir ging es vor allem um meine Schwiegereltern, die zur Risikogruppe gehören und die ich möglicherweise anstecken könnte, da ich für sie Besorgungen mache. Irgendwann war mir klar, dass sie alles verstanden hatte und dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst war. Mein Mann und ich beschlossen, ihr zu vertrauen und ihr selbst die Kontrolle über ihr sowieso schon sehr eingeschränktes Leben zu überlassen.


Ich habe mir unendlich viele Gedanken darüber gemacht, wo meine Verantwortung als Mutter anfängt und wo sie aufhört, was ich vielleicht lieber tun sollte und was nicht. Wo und was ich kontrollieren müsste und was nicht. Viele meiner Freunde und Nachbarn, wie auch Arbeitskolleginnen kennen ähnliche Situationen und jede Familie muss hier ihren eigenen Weg finden. Ich bin sicher, dass alle das nach bestem Wissen und Gewissen tun. Vielleicht sind wir morgen schlauer als heute, aber das nimmt uns die Entscheidung heute nicht ab.


Bis jetzt ist alles sehr gut gegangen. Meine Tochter ist trotzdem viel zuhause, darf sich aber mit ihrer Clique treffen und ich habe gemerkt, dass sie akribisch darauf achten, nicht mehr als fünf Personen zu sein. Ebenso halten sie sich so gut es geht an die anderen Regeln – sie machen das sicher nicht schlechter, als viele Erwachsene. Als Belohnung für unsere Grosszügigkeit, erzählt sie uns öfter, wohin sie geht, und mit wem. Sie hat auch erzählt, dass die Polizei manchmal kommt, mit ihnen spricht und dass sie noch nichts auszusetzen hatten. – Was will ich denn mehr?


Meine Tochter weiss genug, um zu entscheiden, was sie tut und sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst – das habe ich sichergestellt. Und nun vertraue ich ihr. So, wie ich vielen anderen Menschen in meinem Umfeld vertraue.


Bildquelle: Eigenes Bild von der Verfasserin des Beitrages

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