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«Klopapier, Sch…krankheit und drhai am Zogge»

Ein Beitrag der Mobilen Jugendarbeit Rheinfelden (Verein schjkk) und Timothée Wahlen -Schulsozialdienst.ch


Eigentlich ist für sie nichts Besonders daran, auf die Gruppen von Jugendlichen zuzugehen, sind sie doch als Mobile Jugendarbeiterinnen und -arbeiter seit einigen Jahren im öffentlichen Raum unterwegs. Viele Jugendliche kennen sie, sind sich gewohnt, dass die MJAR (Mobile Jugendarbeit Rheinfelden) regelmässig draussen anzutreffen ist und für ihre Anliegen und Probleme ein offenes Ohr hat.

Doch heute, an diesem Freitagnachmittag, ist es anders. Im Hinterkopf schweben die Vorgaben, die nach fast zwei Monaten wohl jede und jeder in der Schweiz kennen dürfte: 2m Abstand, unnötiges physisches Treffen, wenn möglich vermeiden, keine Versammlungen von Gruppen über fünf Personen. Gerade Letzteres dürfte eine Herausforderung werden, wenn man bedenkt, dass die MJAR bereits zu zweit unterwegs ist. Es ist das erste Mal seit Wochen, dass die Jugendarbeiterinnen und -arbeiter auf den Strassen unterwegs sind, denn auch sie mussten sich an die Vorgaben halten. Endlich also wieder die Gelegenheit, mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten.


Als sie das Jugendhaus in Rheinfelden verlassen, fragen sie sich, wen und wie viele sie wohl heute antreffen würden. Wie geht es den jungen Menschen? Was denken sie zu alledem? Wie gehen sie mit Homeschooling, Social Distancing und den Hygieneauflagen um?


Bereits am Anfang ihrer Tour, beim Schulhaus Schützenmatt, treffen sie die ersten zwei Gruppen. Während sich eine Dreiergruppe von jungen Männern an die Vorgaben hält, scheint es die Gruppe von sechs Personen weniger zu kümmern. Die Jugendarbeitenden teilen sich auf und gehen unter Einhaltung der Distanzregeln auf sie zu. Beide Gruppen sind bereit für den heutigen Blog-Beitrag ein paar Fragen zu beantworten.


«Im Zusammenhang mit Corona denken wir an Depressionen und Aggressionen. Der Ausgang ist so nicht mehr möglich, auch unser Cannabiskonsum hat sich reduziert. Man muss sich mehr mit sich selbst auseinandersetzen», lässt die Sechsergruppe, alles junge Männer, verlauten. Mit den Regeln nähmen sie es unter Freunden weniger streng, daher sei es ihnen auch egal, dass sie hier zu sechst seien. Bei Fremden halten sie sich jedoch schon an die Regeln, besonders gegenüber älteren Personen nehmen sie viel Rücksicht. Es gebe auch Positives an der Situation, da sind sie sich einig. «Frei zu haben» und «die Umwelt kann sich erholen». Dennoch freuen sie sich auf die hoffentlich bald einkehrende Normalität: «Clubbesuche, Ferien in anderen Ländern oder einfach mal kurz über den Rhein ins Deutsche gehen.»

Die Dreiergruppe, ebenfalls junge Männer, halten sich an die Regeln. «Mir fällt das leicht, da ich eh viel Zeit allein verbringe» meint einer. «Scheisse wars, dass am Anfang schlecht informiert wurde, aber nun finde ich das Ganze nicht mehr so schlimm. Durch die Einschränkungen hat man mehr Zeit für sich» sagt ein anderer. Auch diese Gruppe sieht die Chance für die Umwelt und glaubt, dass das Ganze auch den Zusammenhalt in den Familien stärken kann. «Wir freuen uns darauf wieder auf Skateparks zu gehen, mehrere Kollegen treffen zu dürfen und auf den gemeinsamen Ausgang.»


Nach interessanten Gesprächen gehen die Jugendarbeitenden weiter in Richtung Grüner Platz und dann zum Stadtpark. Nebst Jugendlichen treffen sie auch Familien an, die mit ihren Kindern eine Auszeit im Freien suchen. Erfreulich ist, dass, mit Ausnahme einer weiteren, diesmal eine gemischte Sechsergruppe von 10 bis 13-Jährigen, alle jugendlichen Gruppen die Fünf-Personengrenze nicht überschreiten. Zwei 16-Jährige erzählen, dass es ihnen anfangs in der Clique schwerfiel, die Grösse nicht einzuhalten und einer ihrer Verstosse von der Polizei gebüsst wurde, sie sich aber sonst klar an die Regeln halten würden.


Insgesamt waren zahlreiche Jugendliche unterschiedlicher Altersklassen und unterschiedlichen Geschlechts offen für das Beantworten der Fragen. Klar wurde, dass viele das Gleiche bewegt. Im Anschluss gibt es nun hier ein paar der Aussagen. Der meist genannte Grund für Positives an der aktuellen Situation mag dann für die eine oder den anderen dennoch überraschend sein: Die Erholung der Umwelt.


Was geht dir durch den Kopf, wenn du das Wort Corona hörst?

«Damit ist nicht zu spassen, viele Menschen sind in Lebensgefahr!»

«Man kann sich leicht anstecken, weltweit sterben viele Menschen.»

«Klopapier; Scheiss Krankheit, Drhei am Zogge …»

«Langeweile, Aggressionen …»

«Keine Fasnacht.»


Was bedeutet Social Distancing für dich? Wie gut gelingt es dir diese Regeln einzuhalten?

«Ist schwierig, gelingt nicht so gut.»

«Mir fällt es leicht, trage eine Maske in den Zügen und wasche regelmässig meine Hände.»

«Im Zug fiel es uns schwer, nun aber bleiben wir viel zu Hause.»

«Unter Kollegen denkt man oft nicht daran, mit der Zeit fällt es immer wie schwerer …»

«Bei Fremden gelingt es oft nicht, viele in der Bevölkerung sind fahrlässig. Mit meinen Kollegen gelingt es recht gut.»


Was siehst du Positives an der aktuellen Situation?

«Blauer, flugzeugfreier Himmel, weniger Verkehr – das tut unserer Umwelt gut.»

«Mehr Freizeit! Schulfrei! Und beim Homeschooling kann ich den Taschenrechner benutzen 😊»

«Menschen helfen einander, nehmen Rücksicht aufeinander.»

«Zeit mit meiner Familie.»

«Das Leben ist wie stillgestanden – Die Menschen denken mehr über ihren Lebensstil nach.»


Auf was freust du dich, wenn die Normalität einkehrt?

«Ich freue mich auf die Badi und Anlässe mit Freunden, wie z.B. meine Geburtstagsparty.»

«Dass die Grenzen wieder öffnen und alle wieder arbeiten können. Ich freue mich auf Freunde und die Schule – kein Homeschooling mehr.»

«Wieder in der Gugge spielen zu dürfen, wann ich will Freunde und Familie treffen und einfach das Leben geniessen.»


Vergleichsweise mit Nicht-Corona-Zeiten traf die Jugendarbeit an diesem späten Freitagnachmittag weniger Jugendliche als gewohnt an, was aber auch mit den Regenschauern zu tun haben dürfte. Gut vorstellbar, dass die MJAR gerade in den sonnigen Frühlingstagen wieder vermehrt junge Menschen an den öffentlichen Plätzen antreffen wird. Eine Chance auch in weiterandauernden Zeiten des Social Distancing den Dialog zu suchen …


Bildquelle: Bild von der MJA Rheinfelden - Verein schjkk

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