Chèz Coiffeursalon@home
Ein Beitrag von einer Mutter mit drei schulpflichtigen Kindern und Reiseexpertin
Wir sind eine fünfköpfige Familie aus dem Fricktal. Meine beiden Töchter haben lange Haare, meine beiden Herren im Hause haben eine Kurzhaarfrisur. Ich selbst trage die Haare halblang.
Work@home kenne ich schon lange. Normalerweise sind die Kinder zu dieser Zeit aber in der Schule. Die Einführung von Homeschooling war für uns nicht ganz so herausfordernd, wie vielleicht bei andern. Trotzdem war es neu, anders und speziell, aber darüber möchte ich heute gar nicht schreiben.
Neulich stand ich vor einer, für mich persönlich grösseren Herausforderung als das Homeschooling. Schon in der Woche, als alle zum Homeoffice aufgefordert wurden und die Coiffeur-Betriebe noch arbeiten durften, fragte ich meinen Mann, ob ich für ihn und unseren Sohn einen Termin abmachen soll, bevor diese Betriebe auch schliessen müssen. Damals stiess ich auf taube Ohren und habe dementsprechend auch keinen Termin vereinbart. Zu normalen Zeiten sagt er mir, wann er gehen möchte und dann machen wir einen Familienausflug zum Coiffeur und es werden bei jedem die Haare so geschnitten, wie sie es sich wünschen.
Die Woche darauf durften die Haarschneidesalons nicht mehr öffnen und ich fragte meinen Mann und meinen Sohn, wie sie sich ihre Haarzukunft vorstellen. Bei den Mädchen, mit den langen Haaren, kann man ohnehin ein paar Monate warten. Mein Sohn fand, dass er eigentlich ganz gerne längere Haare hätte, vor allem oben länger und unten kürzer und dann seitlich noch so speziell 😊 Ich studierte fieberhaft, wie ich das wohl hinkriegen könnte und kam zum Schluss, dass je länger die Haare sind, desto schwieriger es für mich wird, einen flotten Schnitt hineinzubekommen, geschweige dann eine komplett neue Frisur zu kreieren. Also besprachen wir, dass es am einfachsten ist, den gewohnten Haarschnitt so gut wie möglich wieder hinzubekommen und den neuen, speziellen Haarschnitt aufzuschieben, bis wir wieder wie gewohnt zum Friseur können.
Ich forderte meinen Mann auf, sich ein Haarschneidegerät zu bestellen, bevor diese alle ausverkauft sind. Zwei Tage später hatten wir das Gerät zu Hause und ich bestaunte den Inhalt mit den verschiedenen Aufsätzen. Ich dachte, dass mein Mann dieses Gerät sicherlich viel besser bedienen kann als ich und fragte ihn, ob er sich die Haare selbst schneiden möchte. Seine Augen wurden gross und er meinte, dass selbst seine Coiffeuse sich ihre Haare nicht selbst schneidet. Ein Blick in die Gesichter meiner Familie liess mich erraten, dass ich die neue Coiffeuse sein werde.
So kam es, dass ich an einem Morgen auf YouTube viele Haarschneide Videos anschaute und mich schlau machte, wie das am besten geht. Die meisten Herren demonstrierten es an sich selbst. Das gab mir Mut, da ich ja immerhin um den Kopf herumlaufen kann und nicht mit Spiegeln hantieren muss.
Wer soll mein erstes «Opfer» werden? Unser Sohn, der zu Hause bleibt oder mein Mann, der zur Arbeit geht, weil er kein Homeoffice machen kann- sprich Kontakt mit der Aussenwelt hat. Wir liessen die Frage so stehen und haben uns stattdessen auf eine Wanderung inklusive Bräteln gemacht.
Am Abend dann, anschliessend an die Zeckenkontrolle, folgte das Haarschneiden. Mein Mann opferte sich als Erster und setzte sich mutig auf den Badewannenrand. Ich fragte ganz professionell welche Haarlänge er gerne hinten hätte. 4, 5 oder doch lieber 6?
Er meinte, ich solle mit 4 starten. Huch, das ist ganz schön kurz- ich habe mich dann entschieden doch lieber mit Stufe 5, also etwas länger, zu beginnen!! Mir war mulmig zumute! Was, wenn das nichts wird….
Weiter ging es. Oben liess ich die Haare etwas länger, ich glaube, ich nahm 25- so ganz sicher bin ich mir nicht mehr. Erfreulicherweise, war das Resultat ganz gut! Mein Sohn sah seinen Vater an und hatte nichts zu beanstanden, also traute er sich mutig, sich auch auf den Badewannenrand zu sitzen. Zu Beginn habe ihm eingeschärft, dass er sich auf keinen Fall bewegen darf, dies vor allem, weil ich in der Handhabung mit der Maschine noch unsicher war. Ganz brav sass er da und ich vollbrachte mein Werk. Auch bei ihm kam es gut und als er sich im Spiegel ansah, meinte er. Gar nicht schlecht, sieht so aus wie immer!
Ich war so richtig stolz! Was für ein Kompliment!
Die Badewanne war nun voll mit Haaren und wir versuchten alles aufzuwischen! Leider verstecken sich diese fiesen, kleine Haare überall. Noch immer finde ich sie und sie erinnern mich dabei an diesen speziellen Samstagabend.😊
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