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  • Schulsozialdienst

Der "Corona-Wichtel"

Ein Beitrag von Sabine Kiesling – Schulsozialdienst.ch und Mama von zwei Kindern (3 und 7 Jahre)

In der zweiten Woche ohne Schule beschloss ich, mit Hilfe eines Wichtels etwas Abwechslung und Unterstützung in unser Haus zu holen. Vielleicht haben Sie schon von diesen «Wichteltüren» gehört? In Skandinavien ist es Brauch, dass in der Vorweihnachtszeit ein Wichtel ins Haus einzieht. Dieser Wichtel ist dann eine Art Assistent vom Christkind oder vom Weihnachtsmann und verbreitet besonderen Zauber, tut Gutes und beschützt Haus und Kinder.

Wir hatten nie einen solchen Wichtel bei uns, aber ich fand, dass es genau jetzt die richtige Zeit dafür war, einen bei uns einziehen zu lassen – Weihnachten hin oder her. Ja, etwas Zauber, «Schutz» und Ablenkung für meine Kinder und eine schöne Aufgabe für mich – das fühlte sich super an! Überlegt, getan: Im Internet war es kein Problem unter dem Stichwort «Wichteltür» eine kleine, hübsche Tür zu bestellen. Da die Kinder nun ja immer zu Hause sind, war es mir nicht möglich, heimlich in der Werkstatt eine selbst zu bauen. Machbar wäre es bestimmt. Mehr Material als die Wichteltür braucht es gar nicht, um den Wichtelzauber zu sich nach Hause zu holen. Trotzdem bestellte ich zusätzlich noch ein paar Kleinigkeiten unter dem Stichwort «Puppenhauszubehör».

Wenige Tage nach Eintreffen der Utensilien (Tür, kleine Bank, Stiefelchen, Besen, Laterne), schraubte ich die Türe nachts heimlich an der Hausaussenwand an. Weil das Wetter aktuell so frühlingshaft warm ist und wir deshalb die meiste Zeit draussen verbringen, habe ich mich für diesen Standort entschieden. Natürlich kann eine Wichteltür auch im Haus oder sogar im Kinderzimmer installiert werden. Da gibt es kein Richtig oder Falsch. Bei uns ist sie nun jedenfalls draussen.


Die Türe war montiert und nun hiess es abwarten, bis die Kinder die Türe von selbst entdecken. Neugierig und aufmerksam wie sie sind, passierte dies rasch. Die Kinder legten dem Wichtel von sich aus Erdnüsse vor die Türe, um ihn willkommen zu heissen. Der Wichtel hat sich daraufhin in einem Brief, den ich verfasst und heimlich in einen klitzekleinen Stiefel steckte, für die leckeren Nüsse bedankt und sich bei dieser Gelegenheit auch als Wichtel «Aengus» vorgestellt. Von da an entwickelte sich seine Geschichte und sein Verbleib in der Familie von alleine, weshalb ich noch kaum etwas vorgeben muss.


Aengus, unser «Corona-Wichtel», ist mittlerweile ein fester Bestandteil unserer Familie. Er hat sich in die Herzen meiner Kinder geschlichen, die ihm seither ein schönes Daheim bieten möchten. Sie haben ihm dafür einen Wald aus Papierbäumen gebastelt, der ständig vergrössert wird, schreiben ihm Nachrichten, versorgen ihn mit Essen, sammeln im Wald schöne Schätze für ihn und denken sich wunderbare Geschichten über ihn aus. Manchmal schreibe ich kleine Botschaften, streue etwas Glitzer vor seine Türe oder füge Einrichtungsgegenstände hinzu.


Aengus beschützt unsere Familie nicht nur, sondern hält uns mit seinen Streichen auch immer wieder auf Trab. Deshalb wird er auch schnell verdächtigt, wenn etwas fehlt, wie zum Beispiel am Sonntagmorgen beim Frühstück: «Wer hat das Glas Nutella leer gegessen? Ah, bestimmt Aengus!».

Wer wissen möchte, was Aengus noch so alles anstellt, was ich meinem Sohn auf die Frage: «Gibt es Wichtel wirklich?», geantwortet habe oder wie wir das weitere Zusammenleben mit unserem Wichtel gestalten, darf meinen Beitrag gerne kommentieren. Falls jemand selbst einen Wichtel im Garten oder im Haus hat, wäre Aengus zudem sehr an einer Brieffreundschaft interessiert und würde bestimmt auch gerne eine «richtige» Postkarte an neue Wichtelfreunde senden.






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